Support: Alin Coen (solo)
Es gibt Menschen, die haben auf alles eine Antwort. Sie wissen genau was sie wollen, sind zielstrebig und konsequent und halten Zweifel für ein Zeichen von Schwäche. Philipp Poisel gehört nicht dazu. Der Songschreiber aus Stuttgart weiß, dass es für das Leben keinen Masterplan gibt. „Bis nach Toulouse”, das zweite Album des 26-jährigen, handelt vom Wechselspiel „Zwischen Innen und Außen” – so heißt auch einer der schönsten Songs.
Weggehen um Anzukommen, eine ganze Menge wird hier durchdacht und besungen. Nicht rechthaberisch, sondern mit einer warmen Melancholie.
Wer Philipp Poisels Debüt „Wo fängt dein Himmel an?” kennt, das vor zwei Jahren wochenlang in den Top-40 blieb, wird feststellen: Die Lieder des Jungen sind ganz schön groß geworden! Beeindruckend, wie sich das hymnische „Zünde alle Feuer” von einem kleinen Flämmchen zu einem lodernden Flächenbrand entwickelt. Philipps ungewöhnliche Stimme ist natürlich immer noch der Mittelpunkt: Fast beiläufig fallen ihm die Worte aus dem Mund, doch jedes davon ist tief empfunden. Eine angenehm lakonische Mischung aus Aufrichtigkeit und Verletzlichkeit. Die Arrangements der Songs stecken voller funkelnder Details. Zum Beispiel die sehnsuchtsvoll miteinander tanzenden Obertöne von „Wie soll ein Mensch das ertragen”.
Die Songs des ersten Albums konnte ich alle alleine auf der Gitarre spielen. Diesmal habe ich mich ein ganzes Stück weiter aus dem Fenster gelehnt, freut sich Philipp Poisel, denn er weiß: „Man kriegt jetzt eindeutig mehr fürs Geld.
Der Titelsong „Bis nach Toulouse” erzählt von einer alten Sehnsucht: „Allein der Name dieser Stadt besitzt schon eine Menge Charme. Als Kind hatte aber auch Marseille eine große Anziehungskraft: Das Meer, der Hafen, die Fremde – das war für mich ein großartiges Bild. Ich bin gerne unterwegs, wenn ich die offene Straße vor mir habe, dann geht’s mir gut”.
Doch nicht nur das Weggehen, auch das Nachhausekommen ist dem Singer/Songwriter wichtig. Das Gefühl irgendwo hin zugehören, geliebt zu werden. Davon handelt das live in Münster aufgenommene „Ich will nur” ebenso, wie „Liebe meines Lebens”. Gerade in solchen Liebesliedern spürt man, dass das Songwriting von Philipp Poisel eine neue Qualität erreicht hat. Sein persönlicher Favorit ist „Hab keine Angst”, das musikalisch eher an die Tiefe und Ernsthaftigkeit eines Bonnie „Prince” Billy erinnert, als an den sonnigen Surfer-Pop von Jack Johnson, mit dem Philipp früher manchmal verglichen wurde. Was ihm ohnehin nicht so recht war: „Jack Johnson scheint mir eher eine Frohnatur zu sein, ich aber habe auch einen Bezug zu Schwermut und Melancholie.”
Hier die Eindrücke aus dem Dornbirner Conrad Sohm am 18. November 2011